"Fühlen uns schlicht übergangen" Bei seinem Heiz-Hammer pfiff Habeck auf Experten-Rat

Von: Felix Rupprecht, Jan W. Schäfer und Peter Tiede

04.05.2023 - 23:12 Uhr

Der Heiz-Hammer von Robert Habeck (53, Grüne) regt nicht nur Millionen Bundesbürger auf - sondern auch viele Unternehmer und Verbände! Der Wirtschaftsminister hat für sein 155 Seiten dickes Gesetz zum Einbauverbot von Öl- und Gasheizungen (ab 2024) daher Experten um ihre Meinung gebeten. Die haben in Windeseile geliefert - doch Habeck hat sie einfach ignoriert! Stehen schwer in der Kritik: Robert Habeck (53, Grüne) und sein Staatssekretär Patrick Graichen (51, l.)
Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen

In dem Gesetz, das die Regierung jüngst beschlossen hat, sind so gut wie keine Anregungen der Verbände eingeflossen. Das geht aus den jetzt veröffentlichten Stellungnahmen hervor.

Dabei ist der Frust in der Wirtschaft und bei Verbraucherschützern riesengroß. Insgesamt 88 Verbände haben Stellungnahmen zum Heiz-Hammer eingereicht. Sie umfassen mehr als 800 Seiten! Dazu kommen Kritik und Anregungen von Ministerien der Landesregierungen.

Macht insgesamt 105 Stellungnahmen. So viele wie zu kaum einem anderen Gesetz!

Doch anstatt die Kritik aufzunehmen und den Heiz-Hammer nachzubessern, peitschte Habeck das Gesetz einfach durch das Bundeskabinett.

Der Chef des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg (70), genervt zu BILD: "Ich habe ernsthafte Zweifel, ob überhaupt Interesse daran besteht, unsere Kritik aufzunehmen. Wir fühlen uns schlicht übergangen."

Das bemängeln die Verbände konkret Zu hohe Kosten für Mieter!

Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten (65) zu BILD: "Wir haben eine Stellungnahme im Ministerium abgeliefert, die sagt: Ihr müsst das sozial abfedern. Die Mieter werden bisher mit den Kosten alleine gelassen. Ein Problem ist die Umlage der Kosten auf Mieter. Die muss abgeschafft werden. Und wir fordern die deutliche Ausweitung des Fördervolumens."

Mieter werden laut Siebenkotten durch das Gesetz weder vor Mieterhöhungen in Folge des Heizungsaustausches, noch vor hohen Heizkosten nach der Umstellung auf erneuerbare Energien geschützt.

"Wenn die Bundesregierung in den nächsten Jahren einen Großteil der Heizungen in Deutschland auf erneuerbare Energien umstellen will, dann braucht es dafür umfassende Reformen des Mietrechts und eine echte soziale Flankierung", sagte Siebenkotten.

Thomas Engelke vom Verbraucherzentrale Bundesverband zu BILD: "Die finanzielle Unterstützung insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen muss noch verbessert werden, damit auch diese die Investitionen für neue teure Heizungen stemmen können."

Zu hohe Kosten für Eigentümer!

Der Sozialverband VdK in seiner Stellungnahme an Habeck: "Das Aufbringen der Investitionsmittel überfordert viele Menschen finanziell." Denn: Jüngste Studien hätten ergeben, dass Eigenheimbesitzer nicht zwangsläufig reich seien.

"Im Gegenteil: Es gibt einen signifikanten Anteil von 12,8 Prozent, die komplett ohne eigenes Finanzvermögen sind. Die Hälfte der Eigenheimbesitzer besitzen gerade einmal 34 500 Euro, welche sie für den Umbau ihres Hauses ebenso einsetzen müssen wie für ihre Alterssicherung und Bestattung", so der Verband in seiner Stellungnahme.

Zu strenge Regeln!

Der Verband Haus & Grund hält neben den viel zu hohen Kosten für Hausbesitzer auch die Regeln (Einbauverbot für Gasheizungen) für viel zu streng. Laut Verbandspräsident Kai Warnecke (51) spiele Habeck "eine Beteiligung der Betroffenen" nur vor. "Wer Deutschland umbauen will, muss die Menschen mitnehmen. Das Gesetz wurde aber durchs Kabinett gepeitscht. Die breite gesellschaftliche Diskussion muss das Parlament jetzt nachholen", so Warnecke zu BILD.

Unrealistische Annahmen!

"Die Vorgabe, bereits zum 1. Januar 2024 nur noch 65-Prozent-EE-Anlagen zu verbauen, erscheint vor dem Hintergrund der gegenwärtig vorliegenden Rahmenbedingungen nicht realistisch", heißt es in der Erklärung der Bayerischen Ingenieurskammer an Habeck.

Vorhandene Fachkräfte müssten für die neuen Anforderungen weitergebildet werden. Neue ungelernte Fachkräfte benötigen laut Kammer eine Ausbildungszeit von etwa 2,5 bis drei Jahren.

Ebenfalls sei nicht gesichert, dass sich die nötige Menge an Produktion von Wärmeerzeugern bis zum Jahresende in dem erforderlichen Maß steigern lässt. Derzeit betragen die Lieferzeiten von Wärmepumpen zwischen sechs und zwölf Monaten, so die Ingenieurskammer.

Sorgt seit Monaten für Riesenstreit: Die Wärmepumpe soll künftig in bzw. vor Millionen Häusern stehen
Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Holz-Heizungen zulassen!

Forstkammer-Präsident Roland Burger fordert die Politik auf, nachhaltige Holz-Heizungen nicht zu verbieten. "Mit der aktiven Bewirtschaftung leisten die Waldbesitzer seit Jahrzehnten einen wesentlichen Beitrag für eine klimafreundliche Bau- und Energiewirtschaft mit dem heimischen Rohstoff Holz", argumentierte er und warnte: "Weitere Eingriffe der Politik erschweren eine nachhaltige Versorgung in der Zukunft." Stellungnahmen fließen nun in Bundestagsdebatten ein

Hoffnung setzen die Verbände jetzt in den Bundestag. Dort soll der Heiz-Hammer ab Ende Mai beraten werden. Inklusive Anhörung der Experten aus der Wirtschaft und Verbraucherschützern.


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